(168) Wieso Verteilungsfragen wichtig für die Demokratie sind
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Marco Herack:
Marco Herack: Heute ist Freitag, der 3. November 2023. Willkommen zur 168. Ausgabe von Systemrelevant. Bettina Kohlrausch. Ich grüße Dich.
Bettina Kohlrausch:
Bettina Kohlrausch: Hallo.
Marco Herack:
Marco Herack: Du bist Direktorin des WSI, dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung und Jan Brülle. Hallo.
Jan Brülle:
Jan Brülle: Hallo.
Marco Herack:
Marco Herack: Du bist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Referat Verteilungsanalyse und Verteilungspolitik des WSI.
Und bevor wir in die Folge reingehen, vorweg wie immer der Hinweis, dass wenn ihr uns erreichen möchtet, um Ideen, Fragen oder Unmut kund zu tun, dann könnt ihr uns beispielsweise auf Twitter antickern: @boeckler_de oder auch per Email an systemrelevant@boeckler.de. Also Hinweise, Korrekturen und Anregungen bitte einfach einsenden und wir freuen uns, wenn ihr uns in einem Podcatcher eurer Wahl abonniert. Falls ihr Twitter nutzt, findet ihr Bettina dort als @BettiKohlrausch.
Und bevor wir in die Folge reingehen, vorweg wie immer der Hinweis, dass wenn ihr uns erreichen möchtet, um Ideen, Fragen oder Unmut kund zu tun, dann könnt ihr uns beispielsweise auf Twitter antickern: Mein Name ist Marco Herack und wir wollen uns heute über den Verteilungsbericht des WSI unterhalten. Und da mein Gedächtnis schwach ist, liebe Bettina, brauche ich dringend eine Erinnerung daran, was genau dieser Verteilungsbericht ist und was er möchte.
Bettina Kohlrausch:
Bettina Kohlrausch: Der Verteilungsbericht ist ein jährlich erscheinender Bericht des WSI. Wenn ich richtig informiert bin, seit 1995. Darauf möchte ich mich aber nicht festnageln lassen. Aber auf jeden Fall schon sehr lange und wenig überraschend berichtet er über die Verteilung, und zwar über die Verteilung von Einkommen. Das ist die eine Perspektive oder das eine Anliegen dieses Reports. Wie gesagt, die Verteilungsfragen darzustellen, die Entwicklung von Armut und Reichtum und auch von Einkommensungleichheit.
Bettina Kohlrausch: Aber gerade in den letzten Jahren haben wir angefangen, auch noch mal stärker darauf zu fokussieren, welche gesellschaftlichen Konsequenzen diese Verteilung von Einkommen eigentlich hat. Und das haben wir dieses Jahr auch wieder gemacht. Mit einem Fokus auf Verteilung von Einkommen, Armut und Einstellungen zu staatlichen Institutionen, Institutionenvertrauen und damit eben auch Einstellungen zu Demokratie.
Marco Herack:
Marco Herack: Woher kommen die Daten?
Bettina Kohlrausch:
Das kann, glaube ich, Jan viel besser beantworten als ich. Deshalb einmal auch noch mal vorweg: Wenn ich ‚wir‘ sage, möchte ich mir nicht Arbeit zu eigen machen, die ich gar nicht gemacht habe. Die StudienautorInnen sind Dorothee Spannagel und Jan Brülle, um das noch an dieser Stelle ganz deutlich zu machen, die einen wirklich spannenden Bericht vorgelegt haben. Und ich glaube, Jan kann diese Frage deutlich besser beantworten als ich.
Jan Brülle:
Kann ich gerne was zu sagen. Wir nutzen in diesem Jahr tatsächlich zwei Datenquellen. Zum einen, um einfach zu zeigen: Wie hat sich Ungleichheit und Armut seit 2010 entwickelt? Nutzen wir Daten des Mikrozensus. Also, das ist eine 1 % Stichprobe der deutschen Bevölkerung. Die haben auch Daten zur Einkommensungleichheit, bis jetzt zum Jahr 2022.
Kann ich gerne was zu sagen. Wir nutzen in diesem Jahr tatsächlich zwei Datenquellen. Zum einen, um einfach zu zeigen: Das ist ein bisschen anders als in den letzten Verteilungsberichten. Da wurde vor allem immer das SOEP, das sozio-ökonomische Panel herangezogen, was noch detailliertere Einkommensinformationen hat, auch für die jährlichen Einkommen. Die sind aber leider dieses Jahr noch nicht ausgeliefert worden oder noch nicht vollständig ausgeliefert worden. Wir haben nur Informationen im SOEP zu den monatlichen Einkommen. Deshalb nutzen wir die SOEP-Daten nur für den zweiten Teil des Verteilungsberichts, wo wir uns dann die Folgen von verschiedenen Einkommenspositionen anschauen.
Marco Herack:
Eine in der Öffentlichkeit sehr beliebte Zahl ist der Gini-Koeffizient. Ich sage für die Öffentlichkeit wichtig, weil im Vorgespräch habe ich festgestellt: Für dich ist der jetzt gar nicht so überragend wichtig. Aber vielleicht können wir genau darüber auch noch mal ganz kurz reden. Was ist der und was versucht er uns zu sagen?
Jan Brülle:
Jan Brülle: Ja, der Gini-Koeffizient misst, grob gesagt, die Konzentration der Einkommen. Das heißt, der versucht die gesamte Ungleichheit der Einkommensverteilung auf einen Kennwert zu bringen. Und der schwankt dann zwischen null und eins, wobei null die fiktive Situation ist, dass Einkommen genau gleich verteilt ist zwischen allen Menschen in einem Land und der Wert eins wäre dann eine vollständige Ungleichverteilung. Also eine Person hätte sämtliches Einkommen. Wir sehen, dass der in Deutschland jetzt in den letzten zehn Jahren etwa seit 2010 bei um die 0,29 liegt, auch mal dann 2020 auf 0,30 springt. Aber tatsächlich tut sich da zumindest auf Basis des Mikrozensus nicht so viel. Und wir haben im Mikrozensus leider das zusätzliche Problem, dass es da einen Zeitreihen Bruch gibt zwischen 2019 und 2020, weswegen die Daten ein bisschen mit Vorsicht interpretiert werden müssen.
Marco Herack:
Marco Herack: Das heißt also, der ist jetzt gar nicht so effizient, uns dabei zu übermitteln, wie es eigentlich aussieht, dieser Koeffizient.
Bettina Kohlrausch:
Bettina Kohlrausch: Es gibt halt ganz unterschiedliche Arten, Ungleichheit zu messen. Weil das ist ja, glaube ich, das, was die Leute interessiert. Die wollen wissen, wie ungleich ist unsere Gesellschaft. Da muss man sagen, wir gucken ja jetzt auch nur auf Einkommen. Man kann auch natürlich auf Vermögen gucken, aber wir gucken auf Einkommen. Und haben damit 1 Dimension. Es gibt durchaus auch noch andere Methoden Ungleichheit zu messen. Was wir uns ja auch angucken, ist einfach die Anteile von Armen und Reichen in der Entwicklung. Das ist, wenn einen Ungleichheit interessiert, weil man wissen möchte wie es der Gesellschaft geht, vielleicht auch sogar der bessere Indikator. Weil die Frage natürlich auch immer ist, welche Konsequenzen hat Ungleichheit für die Menschen? Und wenn Ungleichheit bedeutet, dass es zum Beispiel einen hohen Anteil wirklich von armen Menschen gibt, dann ist das für eine Gesellschaft natürlich als Ganzes auch eine Belastung und ein Problem.
Bettina Kohlrausch: Und das ist ja was, was die Verteilungsberichte sehr anschaulich gezeigt haben, dass zumindest wenn man so die ganz lange Perspektive oder lange Perspektive, also der Referenzrahmen, den ihr jetzt genommen habt und der häufig genommen wurde, in Verteilungsberichten ist das Jahr 2010. Und wenn man das mit der Situation vergleicht, dann haben wir deutlich mehr Arme, als wir 2010 hatten.
Bettina Kohlrausch: Das heißt, wir beobachten einen Anstieg und Jan, korrigiere mich, auch eine Verfestigung von Armut. Und das ist ja eigentlich das, was sozusagen interessant und relevant an den Befunden ist, wenn man auch eine gesellschaftspolitische Dimension dieser Befunde oder eine gesellschaftspolitische Interpretation dieser Befunde vornehmen möchte.
Jan Brülle:
Das ist tatsächlich so. Bei der Armut sehen wir, dass sich da einiges verändert hat. Also seit 2010 ist Armut gestiegen. Also Armut: Damit meinen wir Personen, die in Haushalten leben, die ein Einkommen haben, was weniger als 60 % des Medians ist. Das sind so etwa 1.200 € für alleinstehende Personen. Und da sehen wir, dass es gestiegen seit 2010 von etwa 14,5 % auf 16,7 % im Jahr 2022. Und was Bettina gerade schon angesprochen hat: Dieser Anstieg wird noch mal steiler, wenn wir uns sozusagen schärfere Formen von Armut anschauen, also die ‚Strenge Armut‘ zum Beispiel. Da sind Einkommen mit gemeint, die unterhalb von 50 % des Medians liegen. Die ist sogar von 7,7 % auf 10,1 % gestiegen. Also gerade relativ noch ein stärkerer Anstieg.
Das ist tatsächlich so. Bei der Armut sehen wir, dass sich da einiges verändert hat. Also seit 2010 ist Armut gestiegen. Also Armut: Das in einem Kontext eben, wo Ungleichheit insgesamt sich tatsächlich nicht stark erhöht hat. Aber wir finden da durchaus Hinweise. Also wenn wir uns die letzten Verteilungsberichte noch mal anschauen, wo wir eben diese Daten ausgewertet haben, da haben wir tatsächlich auch mit den genaueren Daten einen Anstieg feststellen können. Und auch wenn man andere Maße nimmt, findet man teilweise auch für den Zeitraum noch einen weiteren Anstieg von Ungleichheit, was glaube ich schon wichtig ist, weil das eigentlich eine Periode war, wo es in Deutschland wirtschaftlich eher bergauf ging. Also nach der Wirtschafts- und Finanzkrise war die wirtschaftliche Entwicklung, auch die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, relativ positiv. Und in dem Kontext sehen wir trotzdem eben diese Entwicklung bei der Ungleichheit und der Armut.
Marco Herack:
Marco Herack: Also verfestigt sich jetzt die Armut.
Jan Brülle:
Jan Brülle: Genau. Das ist sozusagen nochmal eine andere Dimension, dass wir eben einmal den Anstieg bei der ‚Strengen Armut‘ haben, wo die Einkommen noch mal niedriger sind. Das ist tatsächlich eine Form, sozusagen, wie Armut, glaube ich, gravierender wird. Aber es gibt auch diesen Trend der Verfestigung, der sich im Prinzip auf die Dynamik von Armut bezieht. Verfestigung meint, es steigt nicht nur der Anteil von Menschen, die in einem bestimmten Jahr arm sind, in genau diesem Jahr, sondern es steigt eben auch der Anteil, der über mehrere Jahre hinweg in Armut verbleibt und eben aus Armut nicht rauskommt. Und das ist was, was wir leider nicht auf Basis der Mikrozensus-Daten unterscheiden können. Aber eben mit dem SOEP, weil wir hier eben immer dieselben Befragten in jedem Jahr haben und Informationen zu denen haben. Und da sehen wir, dass die dauerhafte Armut, nennen wir das also Personen, die wirklich über fünf Jahre unter der Armutsschwelle bleiben, dass der eben weiter angestiegen ist. Und das ist auch ein Trend, der sich fortsetzt. Eigentlich seit den 90er Jahren. Also Armut ist nicht nur im Querschnitt gestiegen, sondern eben vor allem diese Form der dauerhaften und verfestigten Armut.
Bettina Kohlrausch:
Bettina Kohlrausch: Und ihr habt euch ja auch angeguckt, was Armut mit Menschen macht. Und da sieht man, dass es wirklich auch immer in den Belastungen noch mal einen Unterschied gibt, ob jemand temporär arm ist oder wirklich dauerhaft arm ist. Dass die in der Regel wirklich noch mal deutlich schlechter dran sind.
Bettina Kohlrausch: Also ihr habt euch angeguckt, wie die Lebenssituation von den Leuten aussieht, ob sie sich zum Beispiel ihre Wohnung heizen können, ob sie sich neue Schuhe leisten können oder neue Kleidung, wenn sie die brauchen. Ob sie Rücklagen haben oder sich ein Auto leisten können. Und man sieht immer in den Zahlen und echt auch sehr, sehr deutlich, dass die dauerhaft Armen einfach viel schlechter dran sind. Also während zum Beispiel von denen, die temporär arm sind, 8,3 % sagen, sie können sich keine neue Kleidung leisten, sind es von den dauerhaft armen 17 %. Also man sieht richtig an euren Befunden, was es auch heißt für die Menschen.
Und das finde ich auch an dem Bericht so gut, weil die Armut, wie wir sie messen, ist ja ein relatives Maß. Das begegnet mir auch häufig als Argument dagegen. Na ja, wenn das Einkommen ansteigt, dann steigt ja auch automatisch die Armutsgrenze, weil sich das ja relativ zum mittleren Einkommen definiert. Also weil es ja 60 % des mittleren Einkommens sind. Das heißt, es ist letztlich unmöglich, in einer Gesellschaft zu leben, in der es keine Armut gibt. Und die Frage, die man angucken muss: Geht es den Leuten denn wirklich schlecht?
Dem halten wir entgegen: Wir nehmen bewusst ein relatives Maß an Armut, weil es um gesellschaftliche Teilhabe geht. Und die definiert sich eben nicht nur durch das, was die Leute selber haben, sondern auch das, was andere haben. Ich sage meinen Studierenden immer: Wenn keiner ins Kino geht, ist es kein Problem. Aber wenn alle ins Kino gehen und sich das eben nur einer nicht leisten kann, dann ist er ausgeschlossen. Und daran sieht man, dass es richtig ist, dieses relative Maß zu nehmen. Aber ich finde es auch gut, sich das dann noch mal qualitativ anzugucken. Was heißt das? Und dann sehen wir, dass die Menschen, die arm sind, wirklich mit ganz massiven Einschränkungen leben müssen, auch materieller Natur. Aber dass sie sich zum Beispiel auch viel mehr Sorgen um ihre Gesundheit machen. Also man spürt, richtig, finde ich in den Daten, wie sehr diese Menschen unter Druck stehen.
Jan Brülle:
Das finde ich auch ein ganz wichtiger Punkt. Einmal diese Differenzierung zwischen den dauerhaft und den temporär Armen, die also nicht so lange arm sind. Aber, was ich auch noch mal betonen möchte, dass wir schon über die gesamte Verteilung der Einkommen auch Unterschiede finden. Also natürlich geht es auch denjenigen, die ‚temporär arm‘ sind, deutlich schlechter als Menschen mit ‚mittlerem Einkommen‘ und denen auch nochmal schlechter als Menschen, die ‚einkommensreich‘ sind. Also das sieht man. Wir schauen uns das zum Beispiel für die eigene Gesundheit an, da haben wir bei den ‚dauerhaft Armen‘ 35 %, die sich da große Sorgen machen. Das sinkt dann eben sukzessive 27,5 % bei den ‚temporär Armen‘, immer noch 15,2 % bei den ‚mittleren Einkommen‘ und der niedrigste Wert dann eben bei unter 10 % bei den ‚Einkommensreichen‘. Und das ist eigentlich bei eigentlich allen Dimensionen, die wir uns anschauen, so, dass wir da eine recht klare Hierarchie haben. Eben nicht nur für die Dimensionen, wo man sagen würde, okay, da gibt es einen sehr direkten Zusammenhang zwischen Einkommen und der Dimension. Also das ist bei der materiellen Deprivation ja der Fall, sondern es geht eben über diese materielle Ausstattung hinaus und betrifft auch so was wie: Wie zufrieden sind die Menschen mit ihrem Leben? Wie schätzen sie ihre Gesundheit ein? Also das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt.
Bettina Kohlrausch:
Bettina Kohlrausch: Und auch natürlich sieht man, das ist jetzt nicht überraschend, aber dass sie sich große Sorgen natürlich auch um ihre materielle Situation machen. Und da kann ich vielleicht auch noch mal ergänzend einen Befund aus unserer letzten Erwerbspersonenbefragung, wo wir uns ja auch die finanziellen Sorgen im Zeitverlauf angucken können. Und da fand ich es auch noch mal einen interessanten Befund, dass, während die Sorgen um die finanzielle Situation stagniert sind, im Durchschnitt, zwar auf hohem Niveau, aber stagnieren, sind sie bei den unteren Einkommen noch mal stärker angestiegen. Das heißt, der Druck der da ist, scheint in den letzten Jahren auch noch mal gewachsen zu sein. Gerade in diesen unteren Einkommensgruppen, zu denen ja auch sehr viele arme Menschen gehören.
Marco Herack:
Marco Herack: Jetzt würde mich aber doch noch interessieren, wer arm ist. Also sind das mehr Frauen? Mehr Männer? Sind das Deutsche? Sind das Migranten? Also, wer ist da arm?
Jan Brülle:
Jan Brülle: Da gibt es natürlich Unterschiede. Das schauen wir uns auch an auf Basis der SOEP-Daten. Wir sehen, dass Arme deutlich häufiger in Ostdeutschland leben. Zum Beispiel, dass Frauen auch häufiger betroffen sind von Armut. Alleinerziehender Haushalte ist eine Gruppe, die sehr viel häufiger betroffen ist als andere Haushaltstypen und auch Personen, die einen Migrationshintergrund haben. Also sowohl direkter als auch ein indirekter Migrationshintergrund, ist ein Risikofaktor in Armut zu leben.
Marco Herack:
Marco Herack: Bettina, da ist ja so mein erster Gedanke, wenn ich in die aktuelle Debattenlage gucke, dass wir vielleicht in der deutschen Öffentlichkeit nicht ganz das Richtige diskutieren.
Bettina Kohlrausch:
Bettina Kohlrausch: Den teile ich. Das ist ein schöner Übergang zu unserem obligatorischen FDP-Bashing, den Marco und ich gern hier vornehmen. Zu Recht allerdings immer. Tatsächlich ist es mir vor dem Hintergrund dieser Befunde ein absolutes Rätsel, warum auch progressive Parteien glauben, dass das Hauptthema, das öffentlich diskutiert werden müsse, die Migration sei.
Bettina Kohlrausch:
Und die Menschen, die arm sind, haben die dann ein besonders hohes Vertrauen in die deutschen Institutionen, die ihnen dann ja helfen, auch in dieser Armut? Oder ist es vielleicht eher umgekehrt, dass sie sagen: Nee, da fühle ich mich überhaupt nicht gut aufgehoben?
Jan Brülle:
Jan Brülle: Ja, wir versuchen die Frage nach den gesellschaftlichen Dimensionen, nach dem gesellschaftlichen Zusammenleben eigentlich mit zwei Aspekten ein bisschen nachzuvollziehen.
Das eine ist das Institutionenvertrauen. Sage ich gleich was zu. Aber, glaube ich, auch noch mal ein vorgelagerter Aspekt: Die Frage, fühlen sich eigentlich verschiedene Menschen wertgeschätzt oder eben sogar geringgeschätzt in der Interaktion mit anderen? Und auch da sehen wir eben diese ganz typischen Unterschiede, die sich durch den Bericht ja durchziehen. Also bei den ‚dauerhaft Armen‘ sagen fast ein Viertel, dass andere häufig auf sie herabsehen in Alltagssituationen.
Bei ‚den Reichen‘ ist der Wert nur 3,2 %. Das ist wirklich ein extremer Unterschied. Und umgekehrt sind tatsächlich vor allem ‚die Reichen‘ diejenigen, wo dann fast 50 % sagen, es kommt häufig vor, dass andere zu ihnen hinaufsehen. Und das wiederum ist dann am geringsten ausgeprägt bei den ‚dauerhaft Armen‘. Also es macht offensichtlich auch was mit der Frage: Fühlen sich Menschen anerkannt? Fühlen sie sich nicht anerkannt durch andere?
Bei ‚den Reichen‘ ist der Wert nur 3,2 %. Das ist wirklich ein extremer Unterschied. Und umgekehrt sind tatsächlich vor allem ‚die Reichen‘ diejenigen, wo dann fast 50 % sagen, es kommt häufig vor, dass andere zu ihnen hinaufsehen. Und das wiederum ist dann am geringsten ausgeprägt bei den ‚dauerhaft Armen‘. Also es macht offensichtlich auch was mit der Frage: Und das ist, glaube ich, auch was, was dann plausibel macht, dass wir auch eben große Unterschiede im Vertrauen haben. In demokratische Institutionen und Akteure. Also auf der einen Seite wird nach Vertrauen in Politikerinnen gefragt. Vertrauen in Parteien. Da sehen wir bei ‚den Armen‘, und zwar beiden Gruppen von Armen deutlich über 50 %, die dann eher geringes Vertrauen haben, im Vergleich zu ein bisschen mehr als 1/3 bei ‚den Reichen‘.
Bei ‚den Reichen‘ ist der Wert nur 3,2 %. Das ist wirklich ein extremer Unterschied. Und umgekehrt sind tatsächlich vor allem ‚die Reichen‘ diejenigen, wo dann fast 50 % sagen, es kommt häufig vor, dass andere zu ihnen hinaufsehen. Und das wiederum ist dann am geringsten ausgeprägt bei den ‚dauerhaft Armen‘. Also es macht offensichtlich auch was mit der Frage: Und wir haben aber auch Daten zu Institutionen, also wo es dann nicht mehr um Akteure geht, sondern wirklich um die grundlegenden Institutionen des demokratischen Systems. Im Bundestag, das Rechtssystem, die Polizei. Und da haben wir noch ein höheres Vertrauen, Aber eben auch diese deutlichen Unterschiede also in den Bundestag haben geringes Vertrauen, auch bei knapp 50 % der ‚dauerhaft Armen‘, aber nur weniger als 20 % der Reichen. Also da sind die Unterschiede noch extremer.
Bettina Kohlrausch:
Und das finde ich wirklich einen erschütternden und wichtigen Befund, weil wir uns ja im Kontext zum Beispiel des Lebenslagensprojektes auch ganz viel mit der Entstehung von antidemokratischen Einstellungen befassen. Und wenn wir jetzt auch noch mal zum Beispiel an die Forschung von Heitmeyer, der sich ja sehr intensiv mit den Fragen von: „Wie entsteht Rechtsextremismus? Wie entstehen rechtsextremistische Einstellungen?“ befasst hat, dann ist ein Begriff, den er immer nutzt, mit dem ich sehr viel anfangen kann. Er spricht von ‚Anerkennungsverlusten‘ und ‚Anerkennungsbedrohungen‘. Und soziale Anerkennung ist eine ganz wesentliche Dimension von gesellschaftlicher Anerkennung.
Und das finde ich wirklich einen erschütternden und wichtigen Befund, weil wir uns ja im Kontext zum Beispiel des Lebenslagensprojektes auch ganz viel mit der Entstehung von antidemokratischen Einstellungen befassen. Und wenn wir jetzt auch noch mal zum Beispiel an die Forschung von Heitmeyer, der sich ja sehr intensiv mit den Fragen von: Und diese Menschen erleben also genau das Gegenteil. Arme Menschen fühlen sich sozial wirklich sehr selten anerkannt. Und ähnliches eben auch mit dem Vertrauen in Institutionen. Vertrauen in Institutionen haben wir im Lebenslagenprojekt als ein Indikator politischer Entfremdung bezeichnet. Und wir haben gesehen, dass es wichtig, das auch noch mal zu sagen, kein Automatismus. Aber wir haben schon gesehen, dass Menschen, die sich nicht anerkannt fühlen, dass Menschen, die ein geringes Institutionenvertrauen haben, schon deutlich häufiger antidemokratische Einstellungen haben. Dass sie offener sind für Verschwörungserzählungen oder offener waren für Verschwörungserzählungen während der Pandemie. Wahrscheinlich auch heute noch sind in Bezug auf andere Verschwörungserzählungen. Das heißt, hier wird der Boden, auf dem demokratische Grundordnung steht, porös.
Und das finde ich wirklich einen erschütternden und wichtigen Befund, weil wir uns ja im Kontext zum Beispiel des Lebenslagensprojektes auch ganz viel mit der Entstehung von antidemokratischen Einstellungen befassen. Und wenn wir jetzt auch noch mal zum Beispiel an die Forschung von Heitmeyer, der sich ja sehr intensiv mit den Fragen von: Und Armut ist ein Faktor, der den eben weiter aushöhlt. Und insofern ist Armut eben auch nicht nur ein Problem der Menschen, die arm sind, obwohl wir gerade ja gesehen haben, dass deren Situation schlimm und inakzeptabel ist. Aber es ist aber auch ein Problem der gesamten Gesellschaft.
Marco Herack:
Marco Herack: Und jetzt befinden wir uns in der Situation aktuell, wo wir so zwei übergeordnete Dinge feststellen. Es gibt im Detail noch viel, viel mehr. Aber wir stellen ja einerseits fest, es wird an nicht unwesentlichen Dingen in unserer Demokratie gespart, was dann auch wiederum auf Arme zurückfällt. Ich würde auch sagen, man kann bemerken, dass es so einen gewissen Hang gibt, bei sozialen Dingen zu sparen. Und das andere ist, dass wir eine Diskussion haben, wo eine einzelne Gruppe rausgepickt wird, um sie zu problematisieren. Der Flüchtling, der Migrant und dadurch ja auch die Gruppen, die ja eigentlich von zum Beispiel eben dieser Armut betroffen sind, auch irgendwie versucht werden, gegeneinander auszuspielen.
Bettina Kohlrausch:
Bettina Kohlrausch: Sehe ich absolut auch so, und das ist natürlich kein unübliches Muster für die Argumentation rechtspopulistischer oder sogar rechtsextremer Parteien. Was mich irritiert tatsächlich, ist, dass auch vermeintlich progressive Parteien oder die für sich in Anspruch nehmen, progressiv zu sein, ein Stück weit darauf einsteigen, anstatt die dringend notwendigen Verteilungsfragen zu stellen.
Bettina Kohlrausch: Das zeigt dieser Bericht ja. Der zeigt einen dauerhaften Anstieg von Armut, einen einfach zu hohen Anteil armer Menschen in dieser dann doch relativ reichen
Bettina Kohlrausch: Gesellschaft. Und natürlich macht das was mit einer Gesellschaft. Und dann das auf die Tagesordnung zu setzen, lässt man sich auf diese Migrationsdebatte ein. Ich will gar nicht in Abrede stellen, dass gerade die Kommunen extrem belastet sind, dass es da auf der operativen Ebene Herausforderungen gibt und auch die Notwendigkeit, Kommunen zu unterstützen und das Problem einfach zu bewältigen. Damit eben auch Geflüchtete hier gut integriert werden können.
Bettina Kohlrausch: Aber dass die Debatte überhaupt nicht mehr über diese Frage von der Verteilung zum Beispiel von Einkommen oder auch von Vermögen geführt wird und stattdessen nur noch über Migration gesprochen wird und tatsächlich ja gerade dann schon eher von konservativen Parteien so getan wird, als wäre wirklich jedes verteilungspolitische Problem, bis zur Frage Termin beim Zahnarzt, ein Problem von Migration. Das ist wirklich skandalös, weil das natürlich auch den Kern des Problems, nämlich überhaupt nicht behebt. Das ist natürlich eine Scheindebatte, an der bestimmte Gruppen vielleicht ein Interesse haben, aber ich würde mal sagen, Parteien, die auf dem Boden der demokratischen Grundordnung stehen, eigentlich nicht, weil am Ende des Tages graben sie sich selber das Wasser ab damit, wie dieser Verteilungsbericht gezeigt hat.
Marco Herack:
Marco Herack: Man fühlt sich ja so ein bisschen wie ein Geisterfahrer. Also ich glaube, Bettina, wir reden da jetzt über das Ding. Ich weiß nicht, seit zwei Jahren mindestens, oder? Und trotz der vorliegenden Zahlen, trotz der Erkenntnisse und es gab ja zwischendurch durchaus mal so einen Moment, wo man das Gefühl hatte, die Politik hat verstanden, worum es geht, landen wir dann am Ende doch wieder bei dem, wo wir hergekommen sind, aus der Zeit 2015 bis 2016 kommend und den damaligen Debatten, die dann auch in der Folge waren. Sind wir jetzt dann doch wieder da angekommen. Ich bin da so ein bisschen ratlos. Ich will jetzt nicht sagen verzweifelt, aber ich habe irgendwie das Gefühl, es ist jetzt halt politisch opportun, da drauf zu schlagen. Aber damit gibt man ja im Endeffekt nur den destruktiven Kräften recht.
Bettina Kohlrausch:
Bettina Kohlrausch: Also ich glaube, damit ist wirklich keine Debatte zu gewinnen. Und vor allen Dingen sind damit auch keine Menschen zu gewinnen. Weil ich schon, das wäre jetzt meine Diagnose der aktuellen politischen Debatte, es den rechten Parteien erfolgreich gelingt, oben unten Konflikte umzudeuten in Außenkonflikte. Aber die Antwort darauf muss ja sein, zu zeigen, das sind Verteilungskonflikte, das sind oben, unten Konflikte. Und diese wollen wir jetzt auch führen.
Und ich verstehe, dass in der Konstellation, die die Ampel hat, das schwierig ist, im Detail eine Verteilungspolitik zu machen, wie reinster sozialdemokratischer Couleur. Aber das ist ja auch noch mal was anderes, was man real umsetzen kann und wie man Dinge diskutiert. Und dass man diese Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten gar nicht mehr diskutiert. Und diesen Respekt Wahlkampf, der ja genau das erfolgreich getan hat, jetzt entlang politischer Vorhaben ausbuchstabiert, sondern im Gegenteil meines Erachtens wirklich auch respektlos, spricht über Menschen mit Migrationshintergrund oder gerade Geflüchtete. Das, ja, also ich stehe da auch irgendwie etwas ratlos davor. Weil ich einfach nicht glaube, dass damit irgendwas gewonnen werden kann. Und das ist nicht nur jetzt irgendwie eine Frage, wer gewinnt die nächste Wahl? Sondern dabei geht es wirklich darum: Schaffen wir eigentlich die Grundlagen, also die inhaltlichen Grundlagen unserer Demokratie und unseres sozialen Zusammenhalts zu verteidigen? Oder fliegt uns das Ganze in den nächsten zehn, 15 Jahren um die Ohren?
Und ich verstehe, dass in der Konstellation, die die Ampel hat, das schwierig ist, im Detail eine Verteilungspolitik zu machen, wie reinster sozialdemokratischer Couleur. Aber das ist ja auch noch mal was anderes, was man real umsetzen kann und wie man Dinge diskutiert. Und dass man diese Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten gar nicht mehr diskutiert. Und diesen Respekt Wahlkampf, der ja genau das erfolgreich getan hat, jetzt entlang politischer Vorhaben ausbuchstabiert, sondern im Gegenteil meines Erachtens wirklich auch respektlos, spricht über Menschen mit Migrationshintergrund oder gerade Geflüchtete. Das, ja, also ich stehe da auch irgendwie etwas ratlos davor. Weil ich einfach nicht glaube, dass damit irgendwas gewonnen werden kann. Und das ist nicht nur jetzt irgendwie eine Frage, wer gewinnt die nächste Wahl? Sondern dabei geht es wirklich darum: Und dann ist es nicht mehr die Frage, welche demokratische Partei regiert, sondern regiert überhaupt noch eine demokratische Partei? Und das beobachten wir ja auch in vielen europäischen Ländern. Da ist keine Hysterie und insofern kann ich erneut, und ich glaube zum vierten Mal in diesem Podcast, nur mein absolutes Unverständnis über die aktuelle politische Debatte zum Ausdruck bringen.
Jan Brülle:
Was man vielleicht auch positiv formulieren kann, ist, dass wir eigentlich auch sehr viel darüber wissen, wie Armut erfolgreich bekämpft werden kann. Es ist quasi nicht Rocket Science. Ich glaube, der Paritätische hat das auf den Punkt gebracht, als er gesagt hat: Gegen Armut hilft Geld. Und das sehen wir immer wieder in ganz verschiedenen Ländern, dass, wenn wirklich Regierungen Armut reduzieren wollten, das haben wir sogar in Ländern wie Großbritannien oder den USA jetzt in der Pandemie, wenn wir Geld in die Hand genommen wurde, um eben Gruppen zu unterstützen, die niedrige Einkommen haben, dann hat das funktioniert. Und zwar ohne dass irgendwie die Wirtschaft vollständig an die Wand gefahren wurde, sondern das sind Länder, die teilweise niedrige Armutsquoten haben. Jetzt nicht Großbritannien, die USA, aber zum Beispiel die skandinavischen Länder, die eben aber gleichzeitig natürlich auch eine sehr gut funktionierende Wirtschaft haben.
Was man vielleicht auch positiv formulieren kann, ist, dass wir eigentlich auch sehr viel darüber wissen, wie Armut erfolgreich bekämpft werden kann. Es ist quasi nicht Rocket Science. Ich glaube, der Paritätische hat das auf den Punkt gebracht, als er gesagt hat: Also diese Narrative, die häufig eben hier in der Debatte genannt werden, die Arbeitsbereitschaft werde dann zu gering und die Leute nehmen dann keine Jobs mehr an, das lässt sich, glaube ich, auf ganz verschiedene Art und Weise auch eben auf der wissenschaftlichen Basis diskutieren. Und wir können da gut zeigen, dass das häufig übertriebene Befürchtungen sind. Und wenn wir Armut wirklich reduzieren wollen, dass das auch funktioniert.
Marco Herack:
Marco Herack: Heißt aber auch, wir wollen, das nicht. Also der Umkehrschluss daraus.
Bettina Kohlrausch:
Bettina Kohlrausch: Ja, interessanterweise kann man das nicht anders interpretieren. Und wir haben natürlich auch gerade zum Beispiel auch in der Debatte der Kindergrundsicherung, Diskurse, die auch wirklich abwertend sind gegenüber armen Menschen. Mit der immer latenten Unterstellung, die wollten nicht arbeiten und wenn man ihnen zu viel Geld gibt, wie Jan schon gesagt hat, dann werden die für den Arbeitsmarkt verloren. Und wir wissen ja, dass es auch schlicht nicht stimmt.
Bettina Kohlrausch: Aber tatsächlich, auch da ist es, glaube ich, noch mal wichtig zu betonen, dass die Bekämpfung von Armut in einer demokratischen Gesellschaft ein Anliegen sein sollte, weil es eben die Gesellschaft als Ganzes ansonsten bedroht. Und dass es eben möglich ist, ohne dass nachhaltiger ökonomischer Schaden angerichtet wird. Im Gegenteil würde ich sagen, wir brauchen ja in Zeiten von Fachkräftemangel auch wirklich qualifiziertes Personal, das zu guten Gehältern auf dem Arbeitsmarkt arbeitet.
Marco Herack:
Marco Herack: Habt ihr noch ein paar konkrete Vorschläge, was man direkt aktuell jetzt tun kann und sollte?
Jan Brülle:
Jan Brülle: Wir haben im Prinzip drei große Punkte, die wir nennen im Bericht, wo man ansetzen kann. Das erste sind eben armutsfeste Transferleistungen, eben auch gezielt für Personen mit niedrigen Einkommen. Das ist vor allem das Bürgergeld, was einfach auf ein Niveau angehoben werden könnte, was dann auch die Armut und Konsequenzen von Armut deutlich reduziert.
Jan Brülle: Wir haben als zweiten großen Punkt den Arbeitsmarkt. Natürlich sichern die meisten Haushalte ihren Lebensunterhalt aus dem Arbeitsmarkt. Und das soll auch so sein oder noch stärker so sein. Und da geht es aber darum, dass eben Niedriglohnbeschäftigung bekämpft werden muss. Da spielt ein Mindestlohn eine wichtige Rolle, der dann eben aber auch ausreichend sein muss. Aber auch die Tarifbindung. Die Frage von Tarifverhandlungen spielt eine wichtige Rolle.
Jan Brülle: Und als dritten großen Punkt haben wir ja das Steuersystem sozusagen als Ganzes, dass wir einfach alle Gruppen in der Gesellschaft auch beteiligen müssen an der Finanzierung von der sozialen Infrastruktur, von wohlfahrtsstaatlichen Leistungen und eben vor allem für die Reichen und die sogenannten Superreichen eben auch Steuern und Abgaben wieder erhöhen müssen.
Bettina Kohlrausch:
Bettina Kohlrausch: Das finde ich auch noch mal wichtig. Verteilung heißt eben auch, nicht nur, den Armen zu geben, sondern im Zweifelsfall auch den Reichen zu nehmen.
Bettina Kohlrausch: Zumal wir auch andere Möglichkeiten, eine Mobilisierung von Geldern für soziale Infrastrukturen, wie zum Beispiel die Abschaffung der Schuldenbremse, sicherlich in dieser Konstellation mit der Ampel aktuell nicht zu machen ist. Was ich auch noch mal wichtig finde, ist, darauf hinzuweisen. Finde ich gut, dass ihr das so betont habt in eurem Bericht, Ja, dass der Arbeitsmarkt auch ein Verteilungsmechanismus ist.
Bettina Kohlrausch: Und das Interessante ist, wenn man über Armut redet und Arbeit und Verteilung, dann reden alle immer nur über den Mindestlohn, der in der Tat zu niedrig ist. Aber das ist ja wirklich nur die aller unterste Grenze. Deshalb auch da noch mal, fand ich das gut in eurem Verteilungsbericht, dass ihr auch noch mal auf diese strukturellen Ursachen von Armut hinweist, die eben auch was damit zu tun haben, dass wir Arbeitsmarktstrukturen haben, in dem es einen wahnsinnig großen Niedriglohnsektor gibt. Und dass wir auch darüber nachdenken müssen, wie man einfach noch mal das ganze Lohnsystem stabilisiert.
Bettina Kohlrausch: Und tatsächlich, auch das haben wir hier schon, ja sehr, sehr häufig gesagt, sind die Löhne in tarifgebundenen Beschäftigungen in der Regel höher. Das heißt, es ist eine Frage der Tarifbindung, ist schon ganz zentral, aber auch natürlich der Schaffung eines qualifizierten Arbeitsmarktes, gerade jetzt, in Zeiten der Transformation. Das heißt Zugang zu Weiterbildung. Auch das habt ihr genannt in eurem Verteilungsbericht. Den Arbeitsmarkt also auch als Mechanismus von Verteilung zu betrachten und zu gucken, welche Regulierungsstrukturen braucht man eigentlich, damit das gewährleistet ist, finde ich, einen ganz wichtigen Ansatzpunkt, der häufig ein bisschen aus dem Blickwinkel gerät.
Bettina Kohlrausch: Interessanterweise wird immer auf den Staat geguckt, aber das ist ja nur einer. Und eigentlich nur für diejenigen, wo schon sehr viel schief gegangen ist.
Marco Herack:
Marco Herack: Dann wären wir am Ende der Folge. Vielen Dank für das Gespräch, Bettina Kohlrausch.
Bettina Kohlrausch:
Bettina Kohlrausch: Ich danke Dir und ein schönes Wochenende!
Marco Herack:
Marco Herack: Ja, danke gleichfalls und auch an Dich. Vielen Dank, Jan Brülle.
Jan Brülle:
Jan Brülle: Ja, vielen Dank auch euch. Ein schönes Wochenende.
Bettina Kohlrausch:
Bettina Kohlrausch: Da kam gerade im Hintergrund der neue Spiegel.
Marco Herack:
Marco Herack: Passend zum Wochenende kam der neue Spiegel.
Bettina Kohlrausch:
Bettina Kohlrausch: Der macht immer so ein typisches Geräusch.
Marco Herack:
Wenn ihr dazu noch ein paar Ideen habt, wie man vielleicht Parteien überzeugen kann, doch anders zu diskutieren und in andere Richtungen zu wanken und zu schwanken, als sie es aktuell tun, schreibt uns doch eine E-Mail: systemrelevant@boeckler.de oder tickert uns auf Twitter an boeckler_de. Also Hinweise, Korrekturen, Anregungen, Überzeugungsvorschläge bitte einfach einsenden. Und wenn ihr uns in einem Podcast eurer Wahl abonniert, freuen wir uns ebenfalls. Falls ihr Twitter nutzt, findet ihr Bettina dort als @BettiKohlrausch.
Wenn ihr dazu noch ein paar Ideen habt, wie man vielleicht Parteien überzeugen kann, doch anders zu diskutieren und in andere Richtungen zu wanken und zu schwanken, als sie es aktuell tun, schreibt uns doch eine E-Mail: Euch vielen Dank fürs Zuhören. Eine schöne Zeit. Bis bald. Tschüss.
Bettina Kohlrausch:
Bettina Kohlrausch: Tschüss.
Jan Brülle:
Jan Brülle: Tschüss.
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